Die Neuen Auftraggeber von Kasnevitz

Auftraggeber*innen: Katrin Eigenfeld, Peter Hübner, Martin Hurtienne, Christian König, Rainer Krowas, Marie-Luise Marlow, Christoph Muster, Martina Woldt


Mediatorin: Susanne Burmester


Künstler: Christoph Schäfer


Zeitraum: 2021 fortlaufend


Partner: Kulturstiftung des Bundes

Kasnevitz ist ein Dorf, auf das andere Dörfer neidisch werden könnten. Hier engagieren sich Menschen für die Dorfgemeinschaft. Sie überzeugen andere von ihren Anliegen und finden Geld für ihre Projekte. Zuletzt hat eine Gruppe von Menschen aus Kasnevitz es sogar geschafft, das ehemalige Feuerwehrhaus mit einem Architekten zum Dorfgemeinschaftshaus umzubauen und mit neuem Leben zu füllen. Wo früher die Geräte standen, findet jetzt ein Kulturprogramm statt.

Doch nun, da es den Ort für alle gibt, zeigt sich ein unerwartetes Problem. Ein Teil des Dorfes bleibt abseits. Es entsteht kein echtes Gespräch und keine gemeinsame Perspektive. Es reicht offenbar nicht, ein Haus zu bauen. Das Dorf braucht mehr Dialog und mehr Zusammenhalt. Die Gruppen und Grüppchen, die das Dorfleben schon lange prägen, sollen zueinander finden. Deshalb geben die Neuen Auftraggeber von Kasnevitz ein Kunstprojekt in Auftrag, an dem alle beteiligt sind. Es hat ein ungewöhnliches Ziel.

Ein Traktor steht auf einem Feldweg in Kasnevitz

Kasnevitz

Foto: Victoria Tomaschko
Garten in Kasnevitz

Kasnevitz

Foto: Victoria Tomaschko
Gebäude in Kasnevitz

Kasnevitz

Foto: Victoria Tomaschko

Das Dorf soll zur Bühne für einen Neuanfang werden, bei dem Neuzugezogene und Schonimmerdagewesene, Alte und Junge, die Kirchgemeinde und diejenigen, die nie mit ihr zu tun hatten, aus den angestammten Rollen fallen.

Die Neuen Auftraggeber von Kasnevitz haben ihren Auftrag an den Konzeptkünstler und Zeichner Christoph Schäfer vergeben. Er hat für Kasnevitz ein mehrteiliges künstlerisches Konzept entworfen. Damit reagiert er auf den Wunsch der Auftraggebergruppe, das Spielfeld der Aktivitäten rund um das Dorfhaus zu verändern und die Rollen der Akteure in einem fröhlichen Prozess neu zu verteilen.

Christoph Schäfer interessiert sich in seiner künstlerischen Arbeit dafür, wie die Beziehung von Imaginationen zur Wirklichkeit unter Spannung gesetzt werden kann. Das geschieht in zeichnerischen Arbeiten, in individuellen künstlerischen Projekten und als kritische Praxis, die Plattformen des Austausches mit anderen gestaltet. Grundlage seiner Arbeit ist immer eine Prozess gründlicher Decodierung des sozialen und politischen Kontextes. Die von ihm organisierten Beteiligungsprozesse stellen Entscheidungsstrukturen in Frage, indem sie Gestaltungsmacht auf die Vielen übertragen.

Christoph Schäfer lebt in Hamburg. Seit den frühen 1990er Jahren setzt er sich mit dem städtischen Alltag auseinander und initiiert Räume, in denen eine kollektive Wunschproduktion möglich wird. Sein Arbeitsschwerpunkt spiegelt sich in einem großen Spektrum unterschiedlicher Arbeiten, darunter das unabhängige Stadtplanungsprojekt Park Fiction (1994–2005), das 2002 auf die documenta11 eingeladen war, die Zeichnungsserie Die Stadt ist unsere Fabrik (2010), die auch als Künstlerbuch erschien, sowie das transdisziplinäre Büro PlanBude (2014). Mit Margit Czenki entwickelte er das Parklabyr, das im Museum Morsbroich seit 2021 daran arbeitet, im Leverkusener Schlosspark das Verhältnis von Kunst, Natur und einer diversen Stadtgesellschaft neu zu konfigurieren.

Lassen sich im Spiel die Erwartungen, die einer an den anderen hat, durchbrechen? Können die Regeln neu bestimmt werden, wenn die, die immer besonders schnell das Wort ergreifen, einmal langsamere Spielzüge machen als diejenigen, die erst einmal zuhören und sich bedächtig alles dreimal überlegen? Werden jene, die immer die Ärmel hochkrempeln, ein Freispiel bekommen und eine Runde aussetzen. Könnten die Lauten auch mal leise sein?

Die Auftraggebergruppe sieht Kasnevitz als Probebühne für dörflichen Zusammenhalt. Sie wollen abgeben und teilen, einladen und neugierig abwarten, was passiert, wenn in der ersten Reihe ungewohnte Gesichter zu sehen sind. Sie verstehen das auch als gute Übung für eine Gesellschaft, in der nicht alles weitergehen kann, wie es ist. Das Dorf für alle verstehen sie als heiteres Experiment mit völlig offenem Ausgang.