Die Neuen Auftraggeber von Friedland

Auftraggeber*innen: Jana Nowka, Giuliana Giorgi, Sarah Golly, Florian Jankowsky, Lars Larisch, Josef Lewe, Heidi Sradnick


Auftrag: Zusammen mit einer oder einem international tätigen Künstler:in wollen wir ein Kunstwerk schaffen, um unsere Augen für die Vielfalt, die Besonderheiten und die Schätze unserer Stadt in all ihren Teilen zu öffnen. Mit künstlerischen Mitteln soll fühlbar werden, dass wir auf unsere Nachbarn vertrauen und mit ihnen teilen, was unsere Orte so wertvoll und einmalig macht. Wenn die Wege weit sind, müssen wir an der Nähe arbeiten. Darum freuen wir uns auf ein Projekt, das den Reichtum sichtbarer und nachbarschaftliche Nähe leichter macht.


Mediatorin: Sophia Trollmann


Künstlerin: Mariana Castillo Deball


Zeitraum: 2021 fortlaufend


Partner: Kulturstiftung des Bundes und der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer (Machen!2021)

Wenn die Wege weit sind, müssen wir an der Nähe arbeiten

Sei es der eigene Garten, das Wochenendhaus oder die nächste Familienfeier – in der Stadt wie auf dem Land leben die Menschen immer mehr in ihren eigenen kleinen Welten. Wo das Leben digitaler wird und die Wege zu Freunden, Familie oder öffentlichen Einrichtungen dank unserer Mobilität immer weiter werden, fehlen oft die Anlässe für Austausch und Begegnungen mit dem unmittelbaren Umfeld. 

Obwohl der ländliche Raum mit seinen starken Gemeinschaftsstrukturen oft dem Großstadtleben wie ein romantisches Bild entgegengestellt wird, leben auch die Menschen auf dem Land nicht mehr wie früher. Dörfliche Nähe fällt niemandem mehr in den Schoß. Man muss darum kämpfen.

Ein Beispiel dafür ist Friedland: Mit knapp 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern gehört Friedland zu den kleinsten Städten Deutschlands. Die 16 Ortsteile der Stadt wurden nach der Wende zu einer Verwaltungseinheit zusammengelegt und verteilen sich auf einer Fläche von ca. 175 Quadratkilometern. Es gibt wenig historisch gewachsenes Gemeinschaftsgefühl in dem weit verteilten Gebiet.

Der Wunsch, wieder miteinander in Kontakt zu treten, ist eine Grundmelodie vieler Auftragsorte. Die Neuen Auftraggeber von Friedland machen sie ohne Umwege zum zentralen Thema ihres Auftrags, um aus dem gemeinsamen Handeln Gemeinschaft entstehen zu lassen.

Giuliana Giorgi bei der Auftragsunterzeichnung in Friedland

Giuliana Giorgi bei der Auftragsunterzeichnung

Foto: Victoria Tomaschko
Unterzeichneter Auftrag von Friedland

Unterzeichneter Auftrag

Foto: Victoria Tomaschko
Heidi Sradnick bei der Auftragsunterzeichnung, Friedland

Heidi Sradnick bei der Auftragsunterzeichnung

Foto: Victoria Tomaschko

Denn warum ist es eigentlich so schwer, den Kopf aus der Deckung zu nehmen und sich anderen zu zeigen? Woher kommt die Sorge, dass Offenheit für Begegnungen als unangemessene Neugierde missverstanden werden könnte?

Die Neuen Auftraggeber von Friedland wollen sich nicht mit dem Gedanken abfinden, dass ihr Interesse daran, was eigentlich die anderen Menschen im Ort machen, wie es ihnen geht und was sie beschäftigt, eine Ausnahme sein soll. Sie glauben, dass auch andere Lust haben, einander kennenzulernen und dabei vielleicht nur der Mut und der Anlass fehlt, den ersten Schritt auf die anderen zuzugehen.

Udo Richter und Giuliana Giorgi in Friedland

Udo Richter und Giuliana Giorgi

Foto: Victoria Tomaschko
Wanderkarte von Friedland

Wanderkarte von Friedland

Foto: Victoria Tomaschko
Neue Auftraggeber von Friedland bei einer Wanderung in der Natur

Wanderung über den Eulenbrückenweg

Foto: Victoria Tomaschko

Wir wollen uns selbst und andere überraschen. Uns ist wichtig, dass wir als Nachbarinnen und Nachbarn keine Angst vor Begegnungen haben. Wir möchten zeigen, dass unsere Türen füreinander offenstehen.

Kunst, so meinen sie, könnte dabei helfen, neue Wege zueinander zu finden. Sie wünschen sich neue Impulse, die Landschaft und die Menschen, wiederzuentdecken und miteinander zu teilen, was Dörfer und Land ihnen bieten.

Die Auftraggebergruppe weiß, dass kein Kunstwerk den Friedländerinnen und Friedländern die Eigenverantwortung abnehmen kann, die Gartenpforten zu öffnen, sich gegenseitig willkommen zu heißen. Sie wollen aber neue Anlässe und Wege schaffen, die dabei helfen, einander zu entdecken und kennenzulernen.

In einem ersten Schritt hat die Auftraggebergruppe Schätze aus den Ortsteilen gesammelt: Der besondere Handwerksbetrieb, die schöne Badestelle, die besondere Feldsteinmauer, die schönen Wanderwege… Die zentrale Frage lautet nun: Wie können wir diese Vielfalt der Ortsteile und die Weite der Landschaft zwischen den benachbarten Ortsteilen nutzen, um die Verbindung zwischen den Menschen zu stärken?

Die in Berlin und Mexiko lebende Künstlerin Mariana Castillo Deball hat den Auftrag angenommen. Die Künstlerin erforscht ideologisch konstruierte Bedingungen, unter denen Artefakte in der heutigen Kultur erscheinen. Dazu sammelt sie Informationen aus verschiedenen Disziplinen wie Archäologie, Geschichte und Wissenschaft. Durch Forschung und Zusammenarbeit schafft sie Werke, die aus dem Zusammenprall und der Neukombination dieser verschiedenen Sprachen entstehen.

Schon in der Entwicklung des Kunstwerks entstehen Anlässe für Begegnungen, in denen das lokale Wissen weiter gesammelt und geteilt werden kann. Die physischen Verbindungswege zwischen den Ortsteilen stehen auf dieser Suche nach nachbarschaftlicher Nähe im Fokus.