Die Neuen Auftraggeber von Eberswalde
Auftraggeber*innen: Anwohner:innen des Brandenburgischen Viertels, Eberswalde: Margot Bartz, Manuela Berger, Saskia Berger, Stefanie Bugdahn, Dennis Jaekel, Kathrin Otto, Jörg Renell, Werner Voigt, Tabea Westphal
Mediator: Holger Friese
Künstlerin: Laure Prouvost
Zeitraum: 2019 fortlaufend
Partner: Kulturstiftung des Bundes, Fondation de France
We Will Shine
Wer das Lebensgefühl in einer Plattenbau-Großsiedlung verändern will, kämpft mit vielen Klischees. Die Auftraggeber von Eberswalde lassen sich davon nicht entmutigen und wollen mitten in einem solchen Quartier einen unübersehbaren Anziehungspunkt schaffen. In der Großsiedlung Brandenburgisches Viertel, in der Schrumpfung und Rückbau Lücken hinterlassen haben, soll ein neuer sozialer Mittelpunkt entstehen, der die Menschen an einem zentralen Ort zusammenführt und dabei die Generationen verbindet.
Wo manche heute ein Problemviertel sehen oder Isolation beklagen, wollen sie mit einem künstlerischen Impuls die Situation umkehren. Ein Ort der gemeinsamen Geborgenheit soll entstehen und für die Zukunft des Brandenburgischen Viertels ein unübersehbares Zeichen setzen.
Wir wünschen uns einen Wasserspielplatz als generationenübergreifenden neuen Mittelpunkt des Viertels.
Im Gespräch mit dem Mediator Holger Friese entwickelt die Auftraggebergruppe die Idee, einen Wasserspielplatz zwischen den Wohnblöcken schaffen, der den gegenwärtig fehlenden Dialog in Gang bringt. Zugleich soll er als ein aktiver, spielerischer und überschaubar gestalteter Platz auch andere Einwohner der Stadt anziehen und das Quartier positiv aufwerten – wie ein steter Quell gegen das Wüstengefühl der Peripherie, entsprungen aus einem Kunstwerk, das auch denjenigen etwas bedeuten wird, die bisher an dem Viertel vorbeigesehen haben. Zu Rate gezogene Experten waren verblüfft, wie gut das intuitiv formulierte Platzprofil der Auftraggebergruppe auch zu den fachlichen Befunden von Planern und Architektinnen und Architekten passt.
Die französische Künstlerin Laure Prouvost hat den Auftrag angenommen und unter dem Arbeitstitel We Will Shine einen surrealen Traum für das Brandenburgische Viertel entworfen. Eine glänzende, rankende Fabelpflanze mit interaktiven Elementen wird darin wie funkelnder Schmuck inmitten einer Kieferlichtung des Viertels platziert. Die metallische Oberfläche verweist auf die Geschichte des Kupfers in der Region. Äste und Wurzeln werden im Entwurf zu Leitungen, in denen sich Wasser auf unterschiedliche Arten seinen Weg aus der Pflanze bahnt. Neben Wasserspielen bietet die Ranke auch Kletter- und Sitzgelegenheiten sowie schützende Überdachung, einen von Wurzelwerk umschlossenen Sandkasten sowie Licht- und Geräuschelemente.
In ihren raumgreifenden Installationen verbindet die Künstlerin so unterschiedliche Medien wie gefundene Objekte, Architektur, Video, Ton und Performance auf humorvolle Weise miteinander. Sie kombiniert oft persönliche Erinnerungen mit künstlerischen und literarischen Referenzen und verwischt, begleitet von Wort- und Sprachspielen, die Grenzen zwischen Fiktion und Realität. 2013 gewann sie den renommierten Turner Prize. 2019 vertrat sie Frankreich bei der Biennale in Venedig und verwandelte mit ihrem Multimedia-Werk Deep See Blue Surrounding You den Länderpavillon in ein surreales, fließendes Universum. Sie hat international in bekannten Institutionen ausgestellt, darunter die Tate Britain und die Whitechapel Gallery in London, Portikus in Frankfurt, der Neue Berliner Kunstverein sowie das New Museum in New York.
Das Brandenburgische Viertel in Eberswalde, Ende der 1970er Jahre als komfortables Wohnangebot für Arbeiter der fleischverarbeitenden Industrie geplant, hatte sich seit der Wende stark verändert. Eberswalde verlor zu dieser Zeit ein Viertel seiner Einwohner. Das bis dahin begehrte Quartier veränderte sich durch Rückbau und Abwanderung und wird noch heute durch weitläufige Brachflächen geprägt. Attraktive Gemeinschaftsorte sind trotz engagierter Stadtteilarbeit rar.
Laure Prouvost geht es im Entwurf um zweierlei: Das Selbstbewusstsein der Menschen im Quartier zu zelebrieren und ein Symbol nährender Fürsorge zu schaffen. Damit reagiert sie direkt auf das Engagement der Auftraggebergruppe.
Der Wasserspielplatz schafft als offener Treffpunkt für die Jüngsten und für die Älteren ein neues Miteinander statt Abgrenzung und stellt den Anwohnern einen Ort zur Verfügung, in dem sie sich selbst finden können.